Alexander-Technik: Geschichte & Literatur

Geschichte

Die Ursprünge der Alexander-Technik
....als AtemmethodeAlexanders Stimmprobleme
....Experimente und Entdeckungen
Eine Technik für die Entwicklung körperlich-geistiger Selbstbewusstheit
His methods of doing this are original and unique - Zur Wirkungsgeschichte Alexanders

Literatur

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Geschichte & Literatur

„The Breathing Man" - die Ürsprünge der Alexander-Technik als Atemmethode

Alexanders Stimmprobleme

Die Alexander-Technik geht auf die Entdeckungen des Australiers F.M. Alexander (1869-1955) zurück. Alexander wuchs als ältestes von acht Kindern in Tasmanien auf, zog dann aber aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Familie in die Bergwerkstadt Mount Bischoff und später nach Melbourne. Dort wandte er sich dem Theater zu und beschloss, die Laufbahn eines professionellen Rezitators einzuschlagen.

Doch bald bereitete ihm der Zustand seiner Stimme Sorgen. Er litt zunehmend unter Atemproblemen und Heiserkeit, die manchmal sogar zum Stimmverlust führten. Die Situation verschlimmerte sich derart, dass er dem Rat eines Arztes folgte, vor einem wichtigen Auftritt die Stimme ganz zu schonen, um so den Anstrengungen der Rezitation gewachsen zu sein. Das Resultat dieser Methode war enttäuschend:

Unmittelbar vor meiner Rezitation war ich ganz ohne Heiserkeit, aber mitten im Programm war meine Stimme wieder in einem äußerst schmerzhaften Zustand, und gegen Ende des Abends war die Heiserkeit so akut, daß ich kaum mehr sprechen konnte.

F.M. Alexander aus: Der Gebrauch des Selbst (1932)

Experimente und Entdeckungen

Die fehlgeschlagene Schonkur enthüllte ihm mit der Deutlichkeit eines Laborversuchs, dass die Diagnose seines Problems unvollständig war, solange sie das außer Acht ließ, was er beim Sprechen mit sich tat.

Ich wies den Arzt darauf hin, dass, obwohl ich seine Anweisungen... sorgfältig befolgt hatte, die alten Heiserkeitsbeschwerden innerhalb einer Stunde aufgetreten waren, nachdem ich am Abend der Rezitation wieder meine Stimme zu gebrauchen begonnen hatte.
Ich fragte ihn: „Könnte man daraus nicht den Schluß ziehen, dass es etwas war, das ich an diesem Abend beim Gebrauch meiner Stimme tat, das die Probleme verursachte?"
Er überlegte einen Augenblick und sagte: "Ja, das muß wohl so sein."
„Können Sie mir dann sagen", fragte ich ihn, „was es war, das ich getan habe, das diese Probleme verursachte?"
Er gestand ein, daß er darauf keine Antwort wußte.
„Nun gut", erwiderte ich, „wenn das so ist, muss ich versuchen, es selbst herauszufinden."

F.M. Alexander aus: Der Gebrauch des Selbst (1932)

Mit Hilfe von Spiegeln begann Alexander eine sorgfältige Beobachtung seiner selbst beim Sprechen und Rezitieren durchzuführen. Die Hypothese bestätigte sich, dass es einen engen Zusammenhang gab zwischen der Art, wie er sprach, und dem Funktionieren seiner Stimme. Im Laufe seiner Experimente lernte er, durch bewusste Koordination die Art des Sprechens so zu verändern, dass die Symptome verschwanden und sich sein allgemeines Wohlbefinden besserte. Neben der Theaterarbeit begann er seiner Methode zu unterrichten und machte sich als „breathing man", als Experte für Atem- und Stimmprobleme, einen Namen.

Eine Technik für die Entwicklung körperlich-geistiger Selbstbewusstheit

1904 verließ Alexander Sidney, um in London seine Arbeit einem größeren Publikum vorzustellen. Er fasste seine Erfahrungen in einer Schrift zusammen, die den Titel trug: "Zu einer Neuen Methode zur Reedukation von Atem und Stimme" (1906). Alexander wurde sich jedoch im Laufe der Zeit immer mehr bewusst, dass auch andere funktionelle Störungen als Atem- und Stimmprobleme auf einen Fehlgebrauch des Organismus zurückgehen konnten. Falsches Atmen war eben nur ein mögliches Symptom, das auf einen vorrangigen Störfaktor deutete, eine „primäre Ursache" im Leben des vergesellschafteten Menschen: der unbewusst fehlerhafte Gebrauch seiner selbst und die daraus folgende Unfähigkeit, konstruktiv auf die Reize der sich ständig verändernden Zivilisation zu reagieren.

Alexander arbeitete immer mehr auch mit Menschen, die nicht mit dem Schauspielberuf zu tun hatten. Ärzte schickten ihm Patienten, bei denen herkömmliche Behandlungsmethoden versagt hatten, und er erzielte verblüffende Erfolge bei den verschiedensten körperlichen und psychischen Beschwerden.

Seine Bücher Des Menschen höchstes Erbe (1910) und Konstruktive bewusste Kontrolle des Individuums (1923) spiegeln die Entwicklung einer Technik, die sich inzwischen dem übergreifenden Thema umfassender körperlich-geistiger Selbstbewusstheit gewidmet hatte. Der Mensch müsse die in ihm angelegten Fähigkeiten entwickeln, um die selbstzerstörerischen Tendenzen des Individuums und der Gesellschaft zu stoppen.

Die körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklungsmöglichkeiten des Menschen sind größer, als wir immer angenommen haben... Und die gegenwärtige Weltkrise liefert uns genügend Beweise, dass die bekannten Prozesse, die wir Zivilisierung und Erziehung nennen, für sich allein nicht geeignet sind, jenes höchste Erbe anzutreten, das in der vollständigen Kontrolle unserer eigenen Entwicklungsmöglichkeiten liegt.

F.M. Alexander aus: Des Menschen höchstes Erbe (1910)

1930 eröffnete Alexander in London die erste Aussbildungsschule, die die Entwicklung und Vermittlung seiner Technik ermöglichen sollte. Es folgten die Veröffentlichung seiner Bücher Der Gebrauch des Selbst (1932) und Die universelle Konstante im Leben (1940). Alexander verstand seine Arbeit nie als abgeschlossene Methode, sondern als "work in progress". Fast 80jährig, bemerkte er: „Ich höre nie auf, an mir zu arbeiten - ich wage es nicht."

„His methods of doing this are original and unique..." - Zur Wirkungsgeschichte Alexanders

Alexander fand wachsende Anerkennung für die Prinzipien seiner ganzheitlichen Pädagogik. Ärzte, Künstler und Wissenschaftler bezeugten die verlässlichen erfahrungswissenschaftlichen Grundlagen und die Wirksamkeit der Technik. Der amerikanische Philosoph John Dewey hob den Wert der Technik als ganzheitlicher Methode hervor:

Einige Verfahren wenden sich direkt an das „Bewusstsein" (das nur den schlechten Zustand registriert); einige vernachlässigen dieses Bewusstsein ganz und verlassen sich stattdessen ausschließlich auf Körperübungen, Haltungskorrekturen etc. Aber Herr Alexander hat eine Methode entdeckt, um die Wechselbeziehungen zwischen beiden Teilen desselben Ganzen - körperlich-geistig - genau herauszuarbeiten und ein neues sensorisches Bewusstsein für neuen Einstellungen und Gewohnheiten zu schaffen.

John Dewey aus dem Vorwort zu: Konstruktive bewusste Kontrolle des Individuums (1923)

Alexanders Entdeckungen und Methoden stießen auch bei Physiologen und Verhaltensforschern auf Interesse. Der Biologe G.E. Coghill konnte aufgrund seiner Studien über die Koordination bei niederen Wirbeltieren die von Alexander betonte Bedeutung der Hals-Kopf-Rücken Beziehung für die Körperkoordination („Primärkontrolle") bestätigen.

Es ist meine Meinung, dass der gewohnte Gebrauch unangemessener Reflexmechanismen beim Sitzen, Stehen und Laufen das Nervensystem in einen Konflikt bringt, und dass dieser Konflikt die Ursache von Ermüdung und nervöser Überlastung ist, die zu vielen Schäden führen. Herr Alexander löst diesen Konflikt zwischen dem erblichen und angeborenen Gesamtmuster und den individuell entwickelten Reflexmechanismen und bewahrt so die Energien des Nervensystems. Dadurch korrigiert er nicht nur Haltungsprobleme, sondern auch viele andere pathologische Zustände, die gewöhnlich nicht als haltungsbedingt angesehen werden.

G.E. Coghill im Vorwort zu: Die universelle Konstante im Leben (1940)

In seiner Nobelpreisrede (1974) würdigt der Verhaltensforscher Nicolas Tinbergen die Arbeit Alexanders als „äußerst ausgefeilte Form der Rehabilitation oder eher Neueinstellung der gesamten muskulären Ausstattung und dadurch vieler anderer Organe". Wie die Verhaltensforschung sei die Alexander-Technik aus unvoreingenommener Beobachtung hervorgegangen:

Diese grundlegende wissenschaftliche Methode [das Schauen und Sich-Wundern] wird immer noch zu oft geringgeschätzt von denen, die sich von glänzenden Apparaten blenden lassen, von prestigeträchtigen Untersuchungen und der Versuchung, nach Medikamenten zu greifen.

Nicolas Tibergen aus: Ethologie und Stresskrankheiten (1974)

 

Literatur

Literatur in deutscher Sprache:

Glen Park, Alexander-Technik. Die Kunst der Veränderung. Grundlagen und Übungen Taschenbuch, Heyne, 2000

Michael Gelb, Körperdynamik. Eine Einführung in die Alexander-Technik Taschenbuch, Ullstein, 1999

Richard Brennan, Alexander-Technik. Die Wiederentdeckung der natürlichen Körperhaltung Taschenbuch, 1993,

Aurum Wilfred Barlow, Die Alexander-Technik Taschenbuch, Kösel, 1983

Judith Leibowitz u. Bill Connington, Die Alexander-Technik, Körpertherapie für jedermann Taschenbuch, Rowohlt, 1993

Literatur in englischer Sprache:
Zu beziehen über: STAT Books 20 London House, 266 Fulham Road London SW 10 9 EL, England Email: statbooks@stat.org.uk

F.M. Alexander, Man`s Supreme Inheritance. London: Mouritz, 1996

F.M. Alexander, Constructive Conscious Control of the Individual. London: STAT Books, 1997

F.M. Alexander, The Use of the Self. London: Gollancz, 1985

F.M. Alexander, The Universal Constant in Living. London: Mouritz, 2000

F.M. Alexander, Articles and Lectures. London: Mouritz, 1997

Patrick McDonald, The Alexander Technique, As I See It. Brighton, Rahula Books, 1989

Frank Pierce Jones, Freedom to Change. London: Mouritz, 1997